Luparo Fitness

27
Januar
2021

Ist es schädlich seinen Rücken beim Kreuzheben zu runden?

By Phil87 0

Schaut man sich die Kommentare unter Videos an, die Personen beim Kreuzheben mit einem stark gerundeten Rücken zeigen, dann sind sich hier wohl alle einig und es wird schnell von “schlechter Form” oder “Verletzungen” geredet. Doch ist ein runder Rücken beim Krafttraining wirklich etwas schlimmes? Woher kommt diese allgemeine Ansicht? Wir wollen das Thema in diesem Beitrag aufgreifen, Pro und Contra gegenüberstellen und unsere persönliche Meinung erläutern. (Video z.b. hier: https://youtu.be/t3d1pCkEqzE

PRO RUNDRÜCKEN: 

– Einige In-vitro Studien zeigen, dass Verletzungen an der Wirbelsäule auch mit einem geraden Rücken möglich sind (1)(2).

– Gewisse biomechanische Modelle zeigen weniger Scherkräfte bei einem Rundrücken, als wenn versucht wird einen Rundrücken zu vermeiden (3). 

– Selbst bei einem scheinbar äußerlich “geraden” Rücken, rundet sich die Wirbelsäule etwas. Die Arbeiten von McGill zeigen, dass sich bei einem Kettlebell Swing der untere Rücken um bis zu 26 Grad rundet, obwohl der Rücken versucht wird gerade zu halten und es auch äußerlich danach aussieht (4). Bei einer Back Squat rundet sich der untere Rücken sogar um bis zu 40 Grad (5). 

– In fast allen Sportarten muss sich der Rücken runden. Es gibt nicht mehr Rückenschmerzen in Sportarten bei denen sich der Rücken häufig stark rundet, als in Sportarten bei denen er sich weniger runden muss (6). 

– Bandscheibenvorfälle, vor denen jeder Angst hat, sind statistisch gesehen nur für 2-5% der Rückenschmerzen verantwortlich. 

– Bandscheibenvorfälle und Rückenschmerzen haben eine sehr geringe Korrelation. Wenn man Personen ohne Rückenschmerzen in ein MRT legt, sieht man sehr häufig Bandscheibenvorfälle, ohne dass die Personen jemals Probleme oder Schmerzen aufwiesen. 

– Viele Powerlifter sind mit einem Rundrücken stärker, als mit einem geraden Rücken. Das liegt daran, dass es etwas effizienter zu sein scheint (7). 

– Es gibt einige Top-Coaches, die ein regelmäßiges Heben mit einem Rundrücken empfehlen. Der ehemalige US-Nationalcoach im Turnen Christopher Summers empfiehlt seinen Athleten für einen gesunden, starken Rücken den Jefferson Curl -> https://www.youtube.com/watch?v=bYRbXGbAq8A

 

CONTRA RUNDRÜCKEN:

– Die Arbeiten von McGill, Jack Callaghan und Wade zeigen, dass sich die meisten Bandscheibenvorfälle durch wiederholtes Beugen und Strecken der Wirbelsäule, am Besten gekoppelt mit Rotation, provozieren lassen. Allerdings sind dies nur Modelle, welche mit Schweinen durchgeführt wurden (8)(9). 

– Es wird hier davon ausgegangen, dass eine Bandscheibe gewisse Beugungs-/ Streckungs-Lebenszyklen besitzt. 

– In Berufen, bei denen man sich häufig aus dem Rücken nach vorne beugen muss, zeigt sich ein erhöhtes Aufkommen an Rückenschmerzen (10). 

– Arbeiten von Solomonow zeigen, dass sich durch häufiges Beugung und Strecken der Wirbelsäule, die Stabilität in der Wirbelsäule reduziert (11).

– Gewisse Biomechanische Modelle zeigen größere Scherkräfte bei einem Rundrücken als bei einem geraden Rücken (12)(13). 

– Ein gerade Rücken bezieht häufig mehr die Hüftmuskulatur mit ein, was sehr vorteilhaft für viele Sportarten ist. 

 

UNSERE PERSÖNLICHE MEINUNG:

Wir denken, dass ein Heben mit rundem Rücken unter (relativ) schweren Lasten vermieden werden sollte. Hier kommt es natürlich sehr individuell darauf an was für den Einzelnen “schwer” bedeutet. Eine allgemeine Antwort wie “ab 50kg sollte der Rücken gerade sein” funktioniert hier nicht. Deshalb gibt es häufig Powerlifter, die sehr viel Gewicht ohne Probleme mit einem runden Rücken heben können, da ihre Strukturen im Rücken einfach sehr stark sind und dieser Reiz ihr Potential nicht übersteigt. Um sicher zu gehen lässt sich sagen, hat man Gewicht auf der Stange, sollte der untere Rücken gerade sein. “Gerade” ist in diesem Fall auch eher als eine Art Bereich anzusehen. Ein leichtes runden im oberen Rücken ist hier nicht weiter problematisch, da der obere Rücken sowieso kyphos ist und hier durch den Brustkorb mehr Stabilität geboten ist. Allerdings sollte die Wirbelsäule auch regelmäßig ohne Last durchbewegt werden. Sich die ganze Zeit mit einem geraden Rücken zu bewegen ist nicht nur schwachsinnig, sondern auch völlig unmöglich. Nicht selten löst solch eine Empfehlung bei Rückenschmerzpatienten eine regelrechte Bewegungsangst aus. Die Wirbelsäule muss sich bewegen können und nicht selten sieht man deutliche Bewegungseinschränkungen in der Beweglichkeit der Wirbelsäule bei Personen mit Rückenproblemen. 

FAZIT: 

– Unter Last “Rücken gerade” (speziell unterer Rücken). Die Wahrscheinlichkeit, dass die Strukturen bei Beugung versagen, ist deutlich höher als wenn der Rücken gerade gehalten wird. 

– Ein Rücken sollte sich trotzdem in alle Richtungen bewegen und kontrollieren lassen können. Übungsbeispiel hier -> https://www.youtube.com/watch?v=UCDuaJK2UWI

 

Quellen:

(1) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20838275

(2) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24503692

(3) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20865606

(4) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=mcgill+kettlebell

(5) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1948399

(6) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22972850

(7) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1884712 

(8) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11114441

(9) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24503692

(10) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11145822

(11) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22154465

(12) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1948399

(13) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23915481

author: Phil87

Comment
0

Leave a reply